Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

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Auslegung XII-3 zu Anlage 1 Tabelle 1 EnEV 2009

Frage:

Nach Anlage 1 Tabelle 1 Zeile 8 ist bei zu errichtenden Wohngebäuden als Referenzausführung eine "zentrale Abluftanlage, bedarfsgeführt mit geregeltem DC-Ventilator" anzunehmen. Weitere Festlegungen, z.B. hinsichtlich des Anlagenluftwechsels, werden dazu nicht getroffen.
Welche Kennwerte dürfen zur Beschreibung dieser Referenzausführung verwendet werden?

Antwort:

  1. Anlage 1 Tabelle 1 Zeile 8 EnEV sieht als Referenz für die Lüftung bei zu errichtenden Wohngebäuden eine zentrale, bedarfsgeführte Abluftanlage mit geregeltem DC-Ventilator vor. Diese Angabe hat im wesentlichen Einfluss auf den für das Referenzgebäude anzusetzenden Luftwechsel und damit auch auf den Jahres-Primärenergiebedarf.
  2. Die beiden alternativ anzuwendenden Berechnungsregeln nach Anlage 1 Nr. 2.1.1 oder 2.1.2 EnEV enthalten hierzu unterschiedliche Festlegungen:

    DIN V 18599 : 2007-02 (Nr. 2.1.1)

    DIN V 18599-10 legt in Tabelle 3 (Richtwerte der Nutzungsrandbedingungen für die Berechnung des Energiebedarfs von Wohngebäuden) allgemein
    - für den "mittleren Anlagenluftwechsel, bedarfsgeführt" einen Wert von nmech = 0,35 h-1 und
    - für den "nutzungsbedingten Mindestaußenluftwechsel, bedarfsgeführt" einen Wert von nnutz = 0.45 h-1 fest.
    Diese Werte dürfen "nur in Verbindung mit einer ventilatorgestützten Zu- und Abluftanlage oder Abluftanlage mit geeigneter nutzerunabhängiger Führungsgröße wie z. B. Feuchte oder CO2, jedoch ohne Betriebsunterbrechung" angesetzt werden. Die Angabe für den Außenluftwechsel ist ein Mindestwert; ein Höchstwert ist nicht angegeben.

    DIN V 4108-6 : 2003-06 i. V. m. DIN V 4701-10 : 2003-08 (Nr. 2.1.2)

    DIN V 4108-6 legt in Tabelle D.3 Zeile 8.2 für Abluftanlagen ohne Wärmerückgewinnung eine Luftwechselrate nx = nA + 0,15 h-1 fest, wobei nA der mittlere Anlagenluftwechsel nach DIN V 4701-10 mit einem Standardwert von nA = 0,4 h-1 ist. Dieser Ansatz gilt in Verbindung mit einer erfolgreichen Dichtheitsprüfung des Gebäudes. DIN V 4701-10 lässt in Abschnitt 5.2.4 eine Verringerung dieses Standardwertes bis auf minimal 0,35 h-1 nur dann zu, "wenn die Regelung des Luftvolumenstroms anhand mindestens einer geeigneten, unabhängig vom Benutzer wirkenden Führungsgröße (z. B. CO2) erfolgt und anhand der Regeln der Technik nachgewiesen werden kann, dass sich bei dem verringerten Luftwechsel unbedenkliche hygienische und bauphysikalische Luftverhältnisse einstellen".
    Aus beiden Regelwerken ist kein verbindlicher Wert für den Luftwechsel bei "zentraler, bedarfsgeführter Abluftanlage" zu entnehmen, sondern lediglich Mindestwerte des Anlagen- und des Gesamtluftwechsels.
  3. Die Ausschöpfung der angegebenen zulässigen Mindestwerte beim Referenzgebäude würde im Vergleich zur Fensterlüftung zu einer deutlichen Absenkung des Luftwechsels und damit zu einem deutlich verringerten Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes führen. Ein niedrigerer Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes bedeutet strengere materielle Anforderungen an das ausgeführte Gebäude.
  4. Die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf der EnEV 2009 (Bundesrats-Drucksache 569/08, S.109) führt zu Anlage 1 Tabelle 1 Zeile 8 aus: "Eine Abluftanlage ist in der Energiebedarfsbilanz gegenüber der Fensterlüftung (kontrollierte Stoßlüftung) gleichwertig, zur Vermeidung von Feuchteschäden und Schimmelpilzbildung als bauphysikalisch sinnvoll anzusehen." Demnach ist nicht beabsichtigt, dass diese Festlegung insgesamt – also unter Berücksichtigung auch der elektrischen Hilfsenergie für die Ventilatoren – zu einem niedrigeren Jahres-Primärenergiebedarf führt als bei Gebäuden mit Fensterlüftung.
  5. Vor diesem Hintergrund ist wie folgt vorzugehen:

    - Von der nach DIN V 4701-10 Abschnitt 5.2.4 möglichen Absenkung des Anlagenluftwechsels unter den Standardwert nA = 0,4 h-1 ist beim Referenzgebäude generell abzusehen.

    - Die beim Referenzgebäude festgelegte, erfolgreiche Dichtheitsprüfung führt in den Berechnungen nach DIN V 4108-6 i.V.m. DIN V 4701-10 bei Einsatz einer Abluftanlage eindeutig und ohne weitere Voraussetzungen zu einem auf 0,15 h-1 (im Vergleich zu 0,2 h-1 in sonstigen Fällen) abgesenkten Infiltrationsluftwechsel.

    Die aus diesen beiden Ansätzen resultierende Luftwechselrate nx=0,55 h-1 führt (nach Berücksichtigung der Hilfsenergie) bei der Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs zu der Gleichwertigkeit zu Ausführungen mit Fensterlüftung, von der der Verordnungsgeber in seiner Begründung ausgeht.
    Diese Luftwechselrate ist auch größer als der nach dem alternativ anwendbaren Berechnungsverfahren DIN V 18599 zulässige Mindestaußenluftwechsel nnutz=0.45 h-1. Somit ist es auch mit den Randbedingungen dieses Verfahrens vereinbar, dass der Nachweis mit einer Luftwechselrate nnutz=0.55 h-1 beim Referenzgebäude geführt wird.
  6. Beim ausgeführten Gebäude steht einem Ansatz geringerer Anlagenluftwechsel jedoch nichts entgegen, soweit die im technischen Regelwerk genannten Voraussetzungen vorliegen und die jeweils angegebenen Mindestwerte nicht unterschritten werden.