Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK

Auslegung zu § 3 Abs. 2 i.V.m. Nr. 2.1.1 EnEV (Bestimmung des Jahres-Primärenergiebedarfs bei bestimmten Sonderformen der Wärmeversorgung)

Frage:

Wie ist die Bereitstellung von Heizwärme auf der Basis von industrieller Abwärme, Deponie- oder Gichtgas und aus Müllverbrennungsanlagen beim Nachweis des Jahres-Primärenergiebedarfs zu bewerten?

Antwort:

1. Die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs erfolgt nach DIN V 4701-10:2001-02 unter Verwendung der in dieser Norm genannten Primärenergiefaktoren.

2. Für Nah- und Fernwärmenetz gibt die Norm lediglich Eckwerte für die Fälle an, in denen die Wärme

- zu 100 % aus Kraft-Wärme-Kopplung mit fossilem Brennstoff

- zu 100 % aus Kraft-Wärme-Kopplung mit erneuerbarem Brennstoff

- zu 100 % aus erneuerbarem Brennstoff ohne Kraft-Wärme-Kopplung oder

- zu 100 % aus fossilem Brennstoff ohne Kraft-Wärme-Kopplung

gewonnen wird. Andere Fälle, insbesondere viele Mischfälle aus der Praxis, sind mit einem in der Norm angegebenen Rechenverfahren zu bestimmen.

3. Wird jedoch Wärme aus industrieller Abwärme, aus Müllverbrennung, aus Deponie- oder Gichtgas in Nah- oder Fernwärmenetze eingespeist, so fehlt ein Maßstab für die Bewertung.

4. Die von der Norm erfassten erneuerbaren Brennstoffe zeichnen sich durch die Eigenart aus, dass für die aus ihnen gewonnene Wärme keine energetischen Ressourcen aufgebracht werden. Von vergleichbaren Verhältnissen ist auszugehen, wenn Deponiegas, Gichtgas (Abfallprodukt der Stahlerzeugung) oder Müll verbrannt wird und die Wärme über Wärmenetze zur Gebäudebeheizung verwendet wird. Die genannten Abfallstoffe dürfen daher den erneuerbaren Brennstoffen gleichgesetzt werden, wobei in Müllheizwerken der im Prozess mitverwendete Anteil nicht erneuerbarer Energieträger berücksichtigt werden muss.

Werden die genannten Gase in dezentralen Anlagen (im Gebäude selbst) verbrannt, so ist analog zu verfahren.

5. Bei der Nutzung industrieller Abwärme zu Heizzwecken dagegen handelt es sich um einen Koppelprozess vergleichbar dem der Kraft-Wärme-Kopplung. Es ist also vertretbar, dem ursächlichen Zweck der Produktion von Gütern einen erheblichen Teil der für den Gesamtprozess aufgewendeten Energie zuzuschneiden, wie dies bei der Kraft-Wärme-Kopplung für die Stromproduktion geschieht.

6. Da aber die produzierten Güter meist nicht rein energetisch beschreibbar sind wie der Strom, erschließen sich die in Rede stehenden industriellen Prozesse nicht ohne Weiteres dem Rechenmodell für die Kraft-Wärme-Kopplung. Aufwendige energiewirtschaftliche Gutachten zur primärenergetischen Bewertung der jeweiligen Prozesse sind jedoch unangemessen; der Berechnungsaufwand ist im Sinne von § 17 EnEV in der Regel nicht vertretbar und würde für die an sich wünschenswerte Nutzung im Einzelfall ein Hemmnis bedeuten.

7. Vor diesem Hintergrund darf bei Wärmenetzen, die deutlich überwiegend durch Abwärme aus industriellen Produktionsprozessen gespeist werden, derjenige Primärenergiefaktor nach DIN V 4701-10:2001-02 Tabelle C.4.1 verwendet werden, der dort für Nah- und Fernwärme angegeben ist, die zu 100 % aus Kraft-Wärme-Kopplung mit fossilen Energieträgern stammt.